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Maßnahmen zur effektiven Sicherheitssteigerung in Fluidsystemen
Swagelok Stuttgart Veröffentlicht am: 24.03.2022
Ein industrielles Fluidsystem kann nur wirtschaftlich arbeiten, wenn Sicherheitsrisiken weitestgehend ausgeschaltet sind. Vor allem bei Anlagen, deren Prozessströme problematische Fluide transportieren, druckbeaufschlagt sind oder unter extremen Temperaturen arbeiten, kommt es auf die Einhaltung hoher Sicherheitsstandards an. Denn wenn Systemstörungen zu Reparaturarbeiten führen und die Anlage oder Anlagenteile abgeschaltet werden müssen, wird die Produktivität spürbar beeinträchtigt.
Die Herausforderung besteht also darin, schon bei der Anlagenplanung neuralgische Punkte weitgehend zu vermeiden und während des Betriebs die fehlerfreie Bedienung und fachgerechte Instandhaltung zu gewährleisten. Einige grundsätzliche Maßnahmen, die zu erhöhter Sicherheit und damit zu höherer Produktivität führen, werden im Folgenden behandelt.
1. Maßnahme: Rohre biegen statt verschrauben
Schon bei der Planung, aber auch nachträglich durch Austausch kann eine wichtige Basis für hohe Sicherheit und Wirtschaftlichkeit gelegt werden. Das "Geheimnis" ist die Reduzierung von Bauteilen durch die Verwendung moderner Werkstoffe. Bei der herkömmlichen Auslegung von Fluidsystemen ist der Einsatz von Gewinderohren und -verschraubungen selbstverständlich, um die Richtungsänderung einer Rohrleitung zu erzielen. Sicherer und ökonomisch sinnvoller ist der Einsatz von Präzisionsedelstahlrohren, die bei einer Richtungsänderung gebogen anstatt verschraubt werden können. Die Vorteile gegenüber einem Gewindewinkel liegen auf der Hand:
- Hohe Sicherheit, da potenzielle Leckagepunkte entfallen
- Mit dem passenden Werkzeug ist eine Biegung einfacher und schneller herzustellen als die fachgerechte Montage eines Gewindefittings
- Das genaue Ablängen der Rohrteilstücke für die Installation an den Gewindefittings entfällt
- Die Kosten für den Kauf und die Lagerhaltung der Gewindewinkel entfallen
- Wartungszeiten verkürzen sich, da bei gebogenen Rohrleitungen keine Gewindewinkel geprüft werden müssen
Es lohnt sich daher das Design eines Fluidsystems dahingehend zu planen oder zu überarbeiten, dass generell möglichst wenige Bauteile verwendet werden. So lassen sich mögliche Leckagestellen und damit das Sicherheitsrisiko reduzieren und die Wirtschaftlichkeit der Anlage erhöhen.
2. Maßnahme: Qualität wählen, weil sie sich auszahlt
Erfahrene und verantwortungsvolle Anlagen-Betriebsleiter werden dem Spruch "Qualität hat ihren Preis" zustimmen. Sie wissen aber auch, dass sich diese Qualität letztlich auszahlt, während der Verwender von Billigprodukten am Ende draufzahlt in Form von vorzeitigem Komponentenausfall und/oder erhöhtem Wartungsaufwand. Hersteller von anerkannten Markenprodukten investieren in die optimalen Eigenschaften ihrer Erzeugnisse mit dem Ziel, dass ihre Kunden den größtmöglichen Nutzen haben hinsichtlich Zuverlässigkeit, Gebrauchsnutzen, Lebensdauer und Robustheit im Einsatz.
Qualität bedeutet auch seitens des Herstellers, auf den jeweiligen Einsatz bestens abgestimmte Eigenschaften des Produkts anbieten zu können - und zwar ohne Kompromisse. Ein Komplettanbieter von Bauteilen und Komponenten für industrielle Fluidsysteme wie Swagelok kennt die zum Teil sehr spezifischen Anforderungen der unterschiedlichen Branchen.
Deshalb kennt er die optimale Lösung und kann das am besten geeignete Produkt empfehlen, wenn beispielsweise eine Systemanwendung gefährliche elektrostatische Ladung produziert oder Wasserstoffversprödung die Leitungen schädigen. Ebenso sind – als weiteres Beispiel – Kugelhähne zwar zum Absperren bestens geeignet, sollten aber nicht zur Durchflussregulierung genutzt werden, dafür gibt es Regulierventile.
Für jeden Anlagenbetreiber sollte es deshalb oberstes Gebot sein, im Sinne der Sicherheits- und Effizienzsteigerung nur Markenprodukte zu verwenden, die hinsichtlich Funktionalität und Lebensdauer einem hohen Qualitätsanspruch gerecht werden.
3. Maßnahme: keine Bauteile unterschiedlicher Hersteller mischen
Das wahllose Verbauen von Bauteilen unterschiedlicher Hersteller ist ein oft unterschätztes Problem. Denn die Meinung, dass "Halbzoll gleich Halbzoll" ist und deshalb beispielsweise Fittings unterschiedlicher Hersteller ohne weiteres aufeinander passen, stimmt so nicht. Denn jeder Hersteller hat individuelle Toleranzwerte, die er seinen Bauteilen einräumt. Bei Verschraubungen von Bauteilen und Komponenten für Fluidsystem-Anwendungen kommt es jedoch oft auf die dritte Stelle hinter dem Komma an, damit Schwachstellen und Leckagen auch bei Hochdruck-, Vakuum- oder Hochtemperaturanwendungen vermieden werden und auch bei andauernden Vibrationen dicht bleiben.
Hersteller von Qualitätsprodukten haben stets definierte Toleranzwerte, deren Einhaltung notwendig ist, um die Sicherheit und Dichtheit von Verschraubung zu gewährleisten. Denn alles andere trägt zur Verschlechterung der Systemperformance und Anlagensicherheit bei.
4. Maßnahme: Herstellerempfehlungen und -anweisungen beachten
Die leckagefreie Installation empfiehlt nicht nur die Verwendung von Bauteilen desselben Herstellers. Es sollten auch dessen Sicherheitshinweise für die Erst- und Wiedermontage beachtet werden. Vor allem für den noch wenig erfahrenen Installateur sollte dies verpflichtend sein. Denn nur dadurch erzielt er die unerlässliche Qualität der Montage:
- Vor der Montage ist das Bauteil auf Defekte und Verformungen zu überprüfen. Kratzer können auf eine unsachgemäße Lagerung hindeuten, die auf zunächst nicht sichtbare Schäden schließen lassen
- Vor der Montage der Verschraubung auf das dafür vorgesehene Rohr ist zu prüfen, ob die Rohrwandstärke mit den Empfehlungen des Herstellers übereinstimmen
- Vor dem Festziehen der Verschraubung ist sicherzustellen, dass die Rohrleitung gleichmäßig rundum auf der Schulter des Verschraubungskörpers aufsitzt
- Die Verschraubung ist gemäß Herstellerempfehlung anzuziehen
- Abschließend ist die korrekte Prüflehre zu nutzen, um die fachgerechte Montage der Verschraubung zu prüfen
5. Maßnahme: Vibrationen und Schwingungen wirksam begegnen
Sobald Rohre in Schwingungen geraten oder Vibrationen ausgesetzt sind, leiden darunter insbesondere die Rohrverschraubungen. Auch an den Rohren selbst können Schäden in Form von Ermüdungsbrüchen entstehen. Deshalb ist schon beim Design der Anlage darauf zu achten, dass solche Störquellen vermieden werden. Treten die Schwingungen oder Vibrationen während des Anlagenbetriebs auf, sollten Halterungen in angemessenen Abständen angebracht werden, um diese zu unterbinden. Bei starken Vibrationen, die nicht ohne weiteres beseitigt werden können, bietet sich die Verwendung eines Schlauchzwischen- oder -endstücks an.
Flexible Schlauchleitungen werden häufig an beweglichen Teilen angebracht. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Schläuche über eine ausreichende Länge verfügen, damit sie nicht durch die Bewegungen der Teile in ihrer Funktion beeinträchtigt werden, z.B. durch Unterschreiten des Mindestbiegeradius oder durch Überdehnung.
Da Schlauchmaterialien in der Regel einem höheren Verschleiß unterliegen, ist es wichtig, vom Hersteller Informationen über die Lebensdauer des Schlauches in der betreffenden Anwendung einzuholen und diesen dann rechtzeitig zu erneuern. Hierbei ist der richtige Austauschzeitpunkt sowohl aus wirtschaftlicher Sicht als auch aus Sicherheitsgründen wichtig: nicht zu früh und nicht zu spät.
6. Maßnahme: Farbcodierungen und Beschriftungen anbringen
Ebenfalls aus wirtschaftlichen und Sicherheitsgründen sind Farbcodierungen und Beschriftungen von großer Bedeutung. Farbig gekennzeichnete Rohrleitungen und Schläuche können besonders bei komplexen Anordnungen nicht nur im Verlauf leicht nachverfolgt werden, sondern geben je nach definierter Farbzuordnung auch Hinweise auf den Inhalt. Farbige Griffe und Schalter dienen dem intuitiven Erkennen, Beschriftungen vermitteln Bedienungshinweise.
Solche Maßnahmen unterstützen sowohl im Störfall als auch bei Wartungsarbeiten die rasche Identifizierung des Leitungsverlaufs und helfen Fehlbedienungen bzw. Fehlverhalten zu vermeiden
7. Maßnahme: Die Kompatibilität unterschiedlicher Werkstoffe prüfen
Allgemein bekannt sollte sein, wie problematisch die Kombination unterschiedlicher Werkstoffe bei Schraubverbindungen sein kann. Dennoch stellt sich nicht selten bei Leckagen heraus, dass auf die Kompatibilität der Werkstoffe nicht geachtet wurde.
Prinzipiell gilt beispielsweise, dass beim Verbinden von Rohrleitungen mittels Klemmringverschraubung das Rohrmaterial weicher sein sollte als die Klemmringe, weil diese das Rohr sonst nicht verformen können. Das heißt beispielsweise: Messing-Fitting auf Kupferrohr, nicht umgekehrt. Oder ganz kurz: Hart auf weich.
Häufiger Grund für Leckagen ist auch die Kontaktkorrosion. Das heißt, wenn Bauteile mit unterschiedlichem elektrischen Potenzial in Kontakt kommen. Vor allem in elektrolythaltiger Umgebung wie z.B. Salzwasser, entsteht eine Ionen-Wanderung von einem Bauteil zum anderen, die zur fortschreitenden Schädigung bis hin zur Zerstörung der Bauteile führt. Folglich ist es wichtig, diesen elektrochemischen Vorgang bei der Materialauswahl für Rohrverschraubungen zu berücksichtigen.
8. Maßnahme: Mit geschultem Personal die Vorschläge umsetzen
Mitunter ist das Naheliegende so selbstverständlich, dass es aus dem Blick gerät. Die hier abgehandelten Maßnahmen sind einfach zu realisieren und doch zeigen Vorkommnisse in vielen Fluidsystem-Anlagen, dass sie nicht umgesetzt waren. Und nicht selten zeigt sich, dass es wegen mangelnder Fachkenntnisse und Erfahrung der Mitarbeiter zu Störungen mit kostspieligen Ineffizienzen der Anlage kam. Dem vorzubeugen, bietet Swagelok ständig Schulungen an, die den Mitarbeitern für ihre Arbeit bei industriellen Fluidsystemen ein tieferes Verständnis vermitteln.
Wenn Sie noch Fragen haben oder eine Beratung wünschen, setzen Sie sich jederzeit mit uns in Kontakt. In unserem Downloadbereich finden Sie kostenfreie E-Paper zum Thema Sicherheit und wie wir Sie mit unseren Prüfservices aktiv unterstützen können.