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5 Min. Lesezeit

Der Umgang mit Verdampfung in Probenahmesystemen

Wie gelangt man vom flüssigen Prozessmedium zur gasförmigen Probenanalyse? 

Es ist gar nicht so selten, dass zur Prozessüberwachung und -kontrolle eines Fluidsystems das Medium zwar flüssig ist, das Analysegerät des Probenahmesystems jedoch eine Probe nur in gasförmigem Aggregatzustand verarbeiten kann. In diesem Fall muss das Flüssigmedium mittels Verdampfung bzw. Schnellverdampfung umgewandelt werden, um dann dem Analysegerät zugeführt zu werden. Wenn es sich dabei um ein Gemisch aus zwei oder mehr Komponenten handelt, ist die Überführung aus dem flüssigen in den gasförmigen Zustand nicht einfach, wenn das Analyseergebnis repräsentativ sein soll. Denn mit der Verdampfung muss ein Verfahren angewendet werden, bei dem die physikalischen Eigenschaften der unterschiedlichen Komponenten, insbesondere was den Siedepunkt betrifft, bei der Verdampfung unter einen Hut zu bringen sind. Es bedarf also  

  • einer genauen Kenntnis der betreffenden physikalischen Werte jeder in der Probe enthaltenen Komponente 
  • eines sehr sorgfältigen Vorgehens bei der Probenvorbereitung hinsichtlich der Einstellwerte 
  • der mehrfachen versuchsweisen Wiederholung mit jeweils veränderten Einstellwerten, bis man eine verwertbare Analysenprobe erhält

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Die Verdampfung bietet in vielen – leider nicht in allen – Fällen die Möglichkeit, dass das zu analysierende Flüssigkeitsgemisch beim Übergang in Gas nicht fraktioniert, d.h. in seiner Zusammensetzung nicht verändert wird. Eine Fraktionierung würde das Analyseergebnis unbrauchbar machen.  

Der Unterschied von Verdampfen und Verdunsten 

Was heißt nun Verdampfung? Im allgemeinen Sprachgebrauch kennen wir beide Begriffe: Verdunsten, z.B. von Wasser, ist praktisch unsichtbar, weil die Temperatur des Mediums nur langsam ansteigt und der Verdunstungsvorgang langsam erfolgt. Wenn dagegen Wasser verdampft, wurde es zuvor erhitzt und man sieht den Dampf aufsteigen, das geht bedeutend schneller vor sich.  

Verdampfung im physikalischen Sinne geschieht jedoch vor allem durch einen plötzlich herbeigeführten Druckabfall, wenngleich auch die damit verbundene Temperaturreduzierung bei dem Vorgang zu berücksichtigen ist, indem sie ggf. aufgefangen werden muss.  Ein dritter Faktor, der eine Rolle spielt, ist die Durchflussgeschwindigkeit. 

Bei der Verdampfung müssen demnach drei Einflussgrößen optimal aufeinander abgestimmt werden: 

  • Temperatur 
  • Druck 
  • Durchflussgeschwindigkeit  

Bei der Probenanalyse zu vermeiden: die Fraktionierung  

Werden beim Verdampfungsprozess nicht genau bestimmte Bedingungen von Temperatur, Druck und Konzentration des Flüssigkeitsgemischs beachtet, zerlegt das Gemisch sich in seine Bestandteile (Fraktionierung). Dabei verdampfen diese zu unterschiedlichen Zeitpunkten und entmischen“ sich. Auch wenn am Ende des Verdampfungsprozesses alle Bestandteile in Gasform vorliegen, ist die Probe für eine Analyse nicht mehr geeignet. Es ist also darauf zu achten, dass bei einer Verdampfung alle Bestandteile der Flüssigkeitsmischung gleichzeitig verdampfen, so dass die ursprüngliche Zusammensetzung erhalten bleibt. 

Was bei der Verdampfung zu beachten ist 

Die Verdampfung einer Flüssigkeitsprobe erfolgt in der Regel in einem Verdampfungsdruckregler, kurz auch Verdampfer“ genannt, und zwar, wie die Grafik unten zeigt, in einem dreistufigen Prozess: 

  1. Eintritt der flüssigen Probe in den Verdampfer unterhalb des Siedepunkts 

  2. Innerhalb des Verdampfers plötzlicher Druckabfall mit gleichzeitiger Erwärmung für den Übergang in die gasförmige Phase und damit Beibehaltung der ursprünglichen Zusammensetzung der Probenbestandteile
     
  3. Austritt der nun gasförmigen Probe und Weiterleitung in das Analysegerät. 

Verdampfung-1

Um das Ziel der verwertbaren Gasprobe zu erreichen, ist die genaue Kenntnis über die Zusammensetzung der Bestandteile sowie die Drücke und Temperaturen erforderlich, d.h. bei welchen Drücken und Temperaturen zu Beginn des Verdampfungsprozesses die noch flüssige Probe Blasen bildet und wann die Verdampfung endet. 

Die Werte der Drücke und Temperaturen werden am Verdampfungsdruckregler des Probenahmesystems eingestellt, die Durchflussgeschwindigkeit bzw. -menge mithilfe eines Rotameters und eines Nadelventils an der Ausgangsseite. 

Druck, Temperatur und Durchfluss sind Variablen, die aufeinander abgestimmt werden müssen, um eine optimale Verdampfung zu erhalten. Wenn auch diese Werte für die (Vor-)Einstellung des Verdampfers bekannt sein müssen, bedarf es dennoch des praktischen Ausprobierens, bis eine aussagefähige Gasprobe genommen werden kann.   

Abstrakte Werte und Aussagen sichtbar gemacht  

Wie die Zusammenhänge zwischen Druck und Temperatur zu verstehen sind, lässt sich am besten an einem Phasendiagramm veranschaulichen.  

Die Abbildung unten zeigt ein solches Phasendiagramm am Beispiel eines Mediums, bestehend aus 20% Hexan in Pentan. Auf der Ordinate sind absolute Druckwerte in bar angegeben, die Abszisse zeigt absolute Temperaturwerte in °C.  

Im Koordinatensystem des Beispieldiagramms sind in Abhängigkeit von Temperatur und Druck grafisch dargestellt: 

  • die blaue Kurve. Oberhalb dieser blauen Linie befindet sich die flüssige Probenphase (Liquid) 
  • die gelbe Kurve. Die gelbe Linie markiert den Verlauf des Taupunktes. Darunter ist die Probenphase gasförmig (Vapor) 
  • der Raum zwischen den beiden Kurven gibt den Siedebereich an, d.h. den uneinheitlichen und übergangsweisen Zwei-Phasen-Zustand (No-go-Zone) 
  • der Bereich der Verdampfer-Innentemperatur (grüne Säule) 
  • der Bereich der Verdampfer-Gehäusetemperatur (gelbe Säule) 

Proben mit sehr hohem Reinheitsgrad weisen einen sehr kleinen oder keinen Siedebereich auf. Das bedeutet, dass die blaue und die gelbe Linie praktisch übereinander liegen und eine Verdampfung quasi schlagartig erfolgt. Daher ist der Vorgang sehr einfach vorzunehmen. 

Demgegenüber gibt es Flüssig-Fluide, deren Proben nicht so verdampft werden können, dass ein repräsentatives Analyseergebnis dabei herauskommt. Der Grund dafür ist der zu große Siedebereich, also der Zwei-Phasen-Zustand (s. Grafik), der mit einem Sprung“ nicht überwunden werden kann – auch nicht durch vielfältige Versuche der Abstimmung der Variablen Temperatur, Druck und Durchflussgeschwindigkeit. In diesen Fällen wird immer eine Fraktionierung auftreten. 

Entweder einfach oder unmöglich: Hoher Reinheitsgrad oder zu großer Siedebereich – diese beiden Extremfälle kommen am häufigsten vor. Wie das vorliegende Beispiel aber zeigt, gibt es eine dritte Option: Möglich, aber nicht ganz einfach.  

Das Diagramm zeigt den Siede-Korridor“ (No-go-Zone), der die Eigenschaft hat, dass eine Verdampfung erfolgreich ablaufen kann: Einerseits ist der Abstand zwischen Siedepunkt und Taupunkt gering genug (fast wie bei hohem Reinheitsgrad), so dass man mit einer sorgfältigen Einstellung der Verdampfer-Werte den Sprung von flüssig nach gasförmig zuverlässig schaffen kann. Andererseits ist der Korridor groß genug, dass durch die vorsichtige Einstellungsveränderung der Variablen dieser Sprung auch tatsächlich gelingt und eine konsistente Verdampfung stattfindet.

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Vier Schritte zur Einstellung von Druck, Temperatur und Durchfluss 

Soll eine Probe (hier: 20% Hexan in Pentan) durch Verdampfen vom flüssigen in den gasförmigen Zustand übergeführt werden, gilt prinzipiell: Hoher Druck und niedrige Temperatur beim Eintritt der flüssigen Probe in den Verdampfer. Hingegen sollte beim Austritt der gasförmigen Probe der Druck niedrig und die Temperatur hoch sein. Das Diagramm zeigt, in welchem Bereich sich die Parameter am Verdampfer-Eingang und Ausgang befinden müssen. Festzuhalten bleibt, dass sich nicht alle Parameter beliebig steuern lassen.  

  1. Schritt: Einstellen des Eingangsdrucks. Zunächst einmal gilt: Je höher der Druck, desto höher kann auch die Temperatur der Flüssigprobe am Verdampfer-Eingang sein, ohne dass der Siedepunkt erreicht wird. Üblicherweise wird jedoch der Prozessdruck als Eingangsdruck übernommen – vorausgesetzt, der Verdampfungsdruckregler befindet sich nahe der Probenahmestelle 
  2. Schritt: Einstellen der Eingangstemperatur. Die Temperatur am Eingang zum Verdampfer muss so gewählt werden, dass sie zwei Bedingungen gerecht wird: Einerseits muss sie so niedrig sein, dass die Probe in jedem Fall am Eingang flüssig ist. Andererseits muss sie hoch genug sein, dass sie auch sicher vollständig verdampft.

Im Diagramm liegt bei einem angenommenen Prozessdruck von 4 bar der Siedepunkt bei 88 °C (s. blaue Kurve). Behält man den Prozessdruck bei, ist es sinnvoll, die Probentemperatur um ein paar Grad abzusenken, z.B. auf den runden Wert von 80 °C. Dadurch entsteht ein Sicherheitspuffer (s. dunkelgrüner, senkrechter Pfeil), mit dem eine Fraktionierung bzw. das Absinken in die No-Go-Zone verhindert wird.  

Nun verliert beim Verdampfungsvorgang laut Energieerhaltungsgesetzen die Probe an Temperatur. Dieser Temperaturverlust muss durch eine genügend hohe Temperatureinstellung ebenfalls berücksichtigt werden, damit die Probe erfolgreich die No-Go-Zone „überspringen“ kann. Bei den o.g. Eingangswerten läge nach dem Druckabfall die Temperatur noch bei 60 °C (s. violetter Pfeil). Die Probe würde sich demnach jenseits des Taupunktes sicher im Gas-Bereich befinden.  

  1. Schritt: Einstellen des Ausgangsdrucks. Neben der Temperatur ist der plötzliche Druckabfall die zweite Einflussgröße, um eine erfolgreiche Verdampfung zu erzielen. Im Beispieldiagramm zeigt die gelbe Kurve den Taupunktverlauf entsprechend dem Druck-/Temperatur-Verhältnis an. Mit den angegebenen Eingangswerten (80°C bei 4 bar) muss folglich eine Druckabsenkung auf 1,5 bar eingestellt werden, damit die Probe zuverlässig verdampft. 
  2. Schritt: Einstellen des Durchflusses. Je höher die Durchflussgeschwindigkeit, umso schneller erreicht die Probe das Analysegerät. Das aber kann zur fehlerhaften Probenentnahme führen. Denn ein hoher Durchfluss lässt die Temperatur während des Verdampfungsvorgangs sinken. Wird dieser Effekt weder beim Einstellen von Temperatur und Druck, noch beim Einstellen des Durchflusses berücksichtigt, kühlt die Probe zu stark ab, d.h. sie verdampft nicht vollständig und fraktioniert.  

Außerdem zu berücksichtigen: Der Verdampfer als Heizkörper 

Eine entscheidende Rolle bei der Verdampfung spielt auch die Wärmetransferkapazität des Verdampfers. Damit ist gemeint, wie effizient das Gehäuse des Verdampfers die Wärme auf die Probe überträgt und den Wärmeverlust der Probe beim plötzlichen Druckabfall kompensiert. Wenn die verdampfte Probe dem sie umgebenden Verdampfergehäuse mehr Wärme entzieht als der Verdampfer in der gleichen Zeit nachliefern kann, sollte der Durchfluss gemindert werden. 

Besser gehts nicht: Annäherung an den Idealwert 

Das Verhältnis von Wärmetransferkapazität zu Durchflussrate des Verdampfungsdruckreglers lässt sich nicht ohne weiteres errechnen. Um dennoch zu einem praktikablen Ergebnis zu kommen, bleibt nur der Weg der mehrfachen Versuchsläufe, um sich nach und nach dem Wert anzunähern, der die optimale Durchflussrate bestimmt. Hierzu ein Tipp: Besser mit einer niedrigen Durchflussrate beginnen und sie nach und nach erhöhen als umgekehrt. 

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